Malerei ist für mich wahre Berufung und echte Freiheit. Sie bietet mir die Möglichkeit, Welten zu erschaffen, meine Empfindungen und Erlebnisse und vor allem die „Produkte“ meiner Fantasie sichtbar zu machen – besser als Worte es vermögen und ohne konventionelle Grenzen. So kann ich die Betrachter*innen meiner Bilder dazu einzuladen, sich auf fremde (meine) Gedanken- und Gefühlswelten einzulassen und vor allem auch die eigene Fantasie zu nutzen.

Als Inspiration dienen mir unter anderem die kleinen und großen Wunder der Natur, Märchen und Mythen sowie bildliche Entdeckungen, die ich in Wolken, Holzmaserungen, Farbflecken etc. mache. Auch Zufallseffekte, die sich z.B. aus nur bedingt steuerbaren Farbverläufen oder auch dem Zusammentreffen unterschiedlicher Farbkonsistenzen ergeben, können willkommene Überraschungen bergen. Hiervon ausgehend arbeite ich oft intuitiv.

Eines meiner bevorzugten Arbeitsmittel sind farbige Tuschen und Tinten. Einige davon stelle ich selbst her. So kann ich meine Bilder um eine nahezu magische Dimension bereichern: Ich nutze auch (oder sollte ich sagen: vor allem) Zutaten, die sich im Farbton der Tinte vielleicht nicht niederschlagen mögen, aber dann dennoch Teil des Bildes sind wie Federn und Knochen von tot aufgefundenen Tieren, symbolische Pflanzen oder Wasser aus speziellen Quellen. Die Suche nach Zutaten und das Entwickeln von Rezepturen bereichert mein Künstlerinnenleben genauso wie die fertigen Tinten selbst, deren Verhalten und Aussehen sich nicht immer vorhersehen lässt. (Einige Beispiele meiner Tinten mit ihren speziellen Inhaltsstoffen finden Sie am Ende dieses Textes.)

Die Fragen, die mich in meiner Kunst bewegen, sind die nach dem „wahren Selbst". Wer bin ich? Wer will oder wer könnte ich sein? Wer wäre ich, wenn...? Diesen Fragen habe ich mich in den letzten Jahren sowohl von außen als auch von innen genähert.

Die äußere Annäherung an mein Thema manifestiert sich in vielen Selbstbildnissen. Teilweise habe ich hier auf Kinderfotos zurückgegriffen und mich gefragt: Wer war ich als Kind? Was war damals möglich? Was wurde real? Wer wurde ich? Wie würde mich mein Ich von damals heute sehen?

Häufig war die Frage nach meinem „wahren Selbst“ auch Anlass, mich mit der Rolle und Stellung von Frauen auseinander zu setzen. Welchen Erwartungen sehe ich mich gegenüber? Bin ich so? Will ich so sein? Kann ich so sein? Wen möchte ich mir zum Vorbild nehmen? Hieraus resultieren u.a. einige Bilder, die mich als Göttin oder Sagengestalt zeigen.

Die innere Komponente des „wahren Selbst“ ist natürlich auch den Selbstbildnissen immanent. Besonders genähert habe ich mich ihr jedoch mit der Darstellung mentaler Vorgänge, persönlicher Zustände und Empfindungen vor allem im Rahmen der Serie „Lektionen im Gedankenlesen“. Die Idee dahinter ist folgende:

… Der Geist der meisten Personen stellt sich als wilde organische Landschaft dar. Mit dunklen Zonen, schillernden Blasen, steinernen Strukturen und versteckten Höhlen, mit Flüssen, Seen und vernebelten Sümpfen, mit Feuerherden, Treibsand, verwüsteten Gebieten, bunten Wäldern und vielem mehr. … Es gibt Gedankengänge und eingefleischte Gewohnheiten, Nachrichten werden verdaut … Man kann ausgetretene Überlegungspfade erkennen, tief eingeprägte Denkmuster, Narben von Traumata, alte Wutherde, verkapselte Erinnerungen, existentielle Ängste, abgegrenzte Zonen oder sogar echte „Organe“, die einem bestimmten mentalen Zweck dienen. Ideenbläschen sammeln sich in Trauben, wachsen, reifen heran und geben platzend ihren Inhalt preis. Einzelne Gedanken oder Vorstellungen nehmen Gestalt an. Manche gleichen Fabelwesen oder Dämonen und wandern umher. Manche fressen sich unaufhaltsam Gänge in ihre Umgebung, geradlinig oder verzweigt. Andere wachsen wie Moos, Farne oder Schlingpflanzen. Sind sie stark und präsent genug, überwuchern sie ihre Umgebung und dringen in jede Spalte und jeden Raum ein, die sich ihnen bieten. So stellt sich nicht nur der aktuelle Zustand eines Menschen dar, sondern ebenso seine Erinnerungen, seine Gefühle, Träume, Ängste etc. – egal ob bewusst oder unbewusst.

Ich freue mich, wenn Sie mich in meine Welt begleiten!

Einige meiner Tinten und ihre speziellen Zutaten:


  1. Kindheit: Verkohlte Hibiskusblüten (Symbol für meine Kindheitsjahre in Ägypten).

  2. Zeit: Vergangenheit: verkohlte Hibiskusblüten, Gegenwart: Federn meines Hahns, Zukunft: Holz von drei Bäumen, die ich in meinem Garten gepflanzt habe.

  3. Ozean: Seetang und Meerwasser von einem der schönsten Strände der Bretagne.

  4. Vogel: Verkohlte Vogelfedern und -knochen.

  5. Paradies: Mohnblumen, Brombeeren, Aroniabeeren, rote Trauben, rote Rhabarberstiele, Szechuanpfefferbeeren (alles aus meinem (Paradies-)Garten).

  6. Himmel: Mehrere Wochen gereift unter freiem Himmel.

  7. Erde: Erde, verkohlte Maulwurfsknochen, Pilze, Wurzeln, ein Stück eines toten Regenwurms.

  8. Göttin: Blaue Klitorienblüten, Frauenmantel, Artemisia-Kraut.

  9. Zauberin: Blaue Klitorienblüten, Schlafmohnkapsel, schwarzer Nachtschatten, Wolfsmilch, Natternkopf (Pflanze), Ackerwinde, Hexenfinger, Zaunrübe, Kopf einer Spitzmaus, Haut von der Ringelnatter, schwarzer Käfer, Beschwörungen 😉.

  10. Frucht der Erkenntnis: Apfel, Apfelblätter, Apfelessig, Blatt vom Stechapfel, Schale vom Granatapfel, Haut von der Ringelnatter.


(Soweit Tiere zum Einsatz kamen, handelt es sich um tot aufgefundene Exemplare).

 

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